Fahren ohne Gurt

Ich schnalle mich nur sehr ungern an. Deswegen musste ich schon öfters Lehrgeld bezahlen, was mich sehr geärgert hat. Eigentlich wollte ich gerne eine Sondergenehmigung für das Fahren ohne Gurt, damit mich die Polizei endlich in Ruhe lässt. Und so schrieb ich folgenden Brief.


ANDY BAYER BRUCKWIESENWEG 5 73635 RUDERSBERG

Polizeirevier Schorndorf
Grabenstraße 28
73614 Schorndorf

27.11.2004

Antrag auf Sondergenehmigung für das Fahren ohne Gurt

Sehr geehrte Damen und Herren,

seit vielen Jahren unterstütze ich Euch nun schon. Sei es direkt über die Abzüge beim Verdienst oder indirekt über die Steuern bei jedem Kauf. Nun bin ich mir auch sicher, dass der Job als Polizist gefährlich ist, denn ein Polizist muss ja Räuber einfangen, welche das Geld der Reichen geklaut haben oder Demonstranten vertreiben oder festnehmen, die ebenfalls mehr Geld wollen, welches ja dann den Reichen fehlen würde. Und so fiel mir auf, dass die Polizei meist die Reichen beschützt und unterstützt, aber den Armen das Leben schwer macht.

Ich gehöre nicht zu den Reichen, weil mir ja vom Lohn so viel abgezogen wird, wovon nicht zuletzt auch die Schorndorfer Polizei einen Teil abbekommt. Doch wofür soll ich Euch unterstützen, wenn Ihr mir ständig das Leben erschwert?

Polizei, Dein Freund und Helfer! – so heißt der Slogan. Doch wann werden Sie mir endlich einmal helfen? Vor einem Monat ungefähr hab ich bei meinem Auto die Winterreifen drauf montiert. Da hätte ich etwas Hilfe gebrauchen können. Doch frag mal einen Polizisten, ob er Dir dabei hilft. Ich hab es getan und kann nur davon abraten.

Neulich bin ich zu schnell gefahren. Gut, das ist ja nicht erlaubt. Jetzt muss ich 65.- Euro bezahlen und bekomme einen Punkt in Flensburg. Nachdem ich schon bestimmt 200.000 Kilometer gefahren bin, habe ich diesen Punkt auch redlich verdient. Aber vor zwei Wochen bin ich einfach so in Schorndorf gefilzt worden. Verkehrskontrolle nennen Sie dies, obwohl es für mich eher ein Verkehrshindernis war. Denn ich musste satte 10 Minuten warten, bis Sie endlich überprüft hatten, ob mein Fahrzeug mit dem Schild WN-AB 8880 auch nicht gestohlen gemeldet war.

Erst vor wenigen Tagen bin ich erneut von Ihnen angehalten worden. Diesmal war ich nicht angeschnallt. Den Gurt vergesse ich gerne, da er einem das Lenken und das freie Bewegen im Auto echt erschwert. Besonders nervig finde ich es, wenn mir eine CD auf den Boden fällt und ich mich nicht nach ihr bücken kann, weil ich ja angeschnallt bin. Da muss ich mich dann oft während der Fahrt losschnallen und dann in den Fußraum kriechen. Weil bis dahin die CD dort schon wieder verrutscht sein kann muss ich dann, wie früher an Ostern, nach der CD suchen. Und diese Suche kann manchmal auch mehrere Sekunden dauern.

Diese Suchaktionen könnten ohne Anlegen des Gurts wesentlich schneller erledigt werden. Deswegen bitte ich Sie, mir endlich eine Sondergenehmigung für das Fahren ohne Gurt zu erteilen.

Ich erinnere mich nur ungern an die Zeit, als ich einen Sonnenbrand hatte. Doch auch damals empfand ich das Anlegen des Gurtes als besonders störende Folter.

Natürlich verstehe ich, dass jemand, der einen Unfall machen möchte, sich vorher anschnallen sollte. Aber ich werde in absehbarer Zeit keinen Unfall machen. Nicht zuletzt deswegen, weil ich mir ein Anstieg der Versicherung nicht Leisten könnte. Deswegen verstehe ich ja schon nicht, dass mein Fahrzeug überhaupt versichert sein muss. Was aber wirklich total überflüssig ist, ist das Anlegen des Gurtes.

Jetzt werden Sie mich bestimmt verstehen und mir hoffentlich eine Sondergenehmigung erteilen, welche es mir gestattet, ohne Anlegen des Gurtes Auto zu fahren.

Bitte vergessen Sie nicht: Motorradfahrer müssen sich ja auch nicht anschnallen.

Mit freundlichen Grüßen

Andy Bayer


Das Polizeirevier Schorndorf ist ziemlich cool und hilfsbereit und leitete diesen Brief weiter an das Landratsamt Waiblingen. Von dort schickte man mir dann die Unterlagen für den Antrag „Fahren ohne Gurt“ zu. Man kann dies nämlich tatsächlich beantragen. Man muss nur zu einem Psychologen gehen und sich dort eine „Platzangst“ attestieren lassen. Allerdings behält sich das LRA das Recht vor, einen dann zu einer Medizinisch-Psychologischen Untersuchung (MPU) antanzen zu lassen.

Bei einer MPU kann JEDER jederzeit durchfallen! Deswegen habe ich darauf verzichtet.