Sachbearbeiterin

Diese Anzeige erschien in der Stuttgarter Zeitung vom Samstag irgendwann im Februar 2005

ANDY BAYER – BRUCKWIESENWEG 5 – 73635 RUDERSBERG

Georg Grieser KG
Personal
Ziegelbrennerstraße 11
70374 Stuttgart-Bad Cannstatt

19.02.2005

Bewerbung als Sachbearbeiterin

Sehr geehrte Damen und Herren,

seit 1. Februar 2004 bin ich Mediengestalter für Digital- und Printmedien. In meiner Ausbildungszeit bei der Firma Puschmannschaft in Berlin habe ich allerlei Erfahrungen gesammelt. Ich lernte neben Bildbearbeitung und Design auch Office-Anwendungen besser kennen. Besonders wichtig war der korrekte Datenaustausch mit Druckereien sowie das Datenhandling zwischen Macs und PCs.

In der Berufschule hörte ich kurz etwas von der doppelten Buchführung und habe die Gewinn-und-Verlust-Rechnung wenigstens theoretisch erlernt. Auch wie sich der Netto-Lohn errechnet, war dort ein Thema, welches ich grandios meisterte. Deswegen werde ich gewiss nach kurzer Einarbeitungszeit Ihre Lohn- und Finanzbuchhaltung effizient auszuführen können.

Was mein Geschlecht angeht, so könnte ich anfangs bestimmt eine Perücke tragen, bis meine Haare eine gewisse Länge erreicht haben, die das Tragen der Perücke überflüssig machen wird. Auch das Schminken kann so schwer nicht sein, da es bereits 11-jährige Mädels erlernen können. Worüber ich mir bislang jedoch keine Gedanken gemacht habe ist eine Geschlechtsumwandlung. Diesbezüglich bin ich auch noch etwas skeptisch, ob ich der ausgeschriebenen Stelle als Sachbearbeiterin gerecht werden kann.

Zurzeit bin ich Arbeitsloser des Arbeitsamtes Schorndorf, weswegen ich morgen bei Ihnen anfangen könnte.

Über eine Einladung zum Bewerbungsgespräch, gerne auch per eMail oder telefonisch, würde ich mich sehr freuen.

Mit freundlichen Grüßen

Andy Bayer (leider männlich)



Als ich diese Bewerbung 2005 schrieb, war die Welt noch nicht so verrückt, wie sie es heute ist. Es war damals noch nicht TRENDY, dass man sich sein Geschlecht jede Woche neu aussucht. Damals war dieser Brief – zumindest für mich – punkrock. Heute würde ich ihn so nicht mehr schreiben…